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Presse
Psychotherapie-Kliniken als teure Illusion bei Angst- und Panikstörungen, Teil 1
PSYCHOTHERAPIE
31.12.2001
Psychotherapie-Kliniken als teure Illusion: Verhaltenstherapie an der Christoph-Dornier-Klinik für Psychotherapie Münster (1)
Verhaltenstherapie: Schein und Wirklichkeit
"Christoph-Dornier-Klinik
habe ich mitgemacht, seitdem bin ich pleite"
Von Gottlieb Seelen
Dieser dreiteilige
Artikel über die Psychotherapie (Verhaltenstherapie) von Angst- und
Panikstörungen sowie Phobien mit der Methode der Reizkonfrontation (englisch:
Flooding) als Konfrontationstherapie einschliesslich der Kommentare
einer Fachärztin für Neurologie und ärztlichen Psychotherapeutin für
kognitive Verhaltenstherapie wurde in der Zeitschrift "PSYCHOTHERAPIE"
am 31.12.2001 erstmals veröffentlicht.
Mit seinen illustrativen
Beispielen ist er als Ergänzung zu unserer Erläuterung über die Rolle
von
Das Wirtschaftsmagazin wusste es genau. "Millionen Menschen haben
Angst. Sie warten jahrelang auf Heilung. Dabei kann eine Verhaltenstherapie
80 Prozent der Kranken in wenigen Tagen helfen", schreibt Magnus
Heier in CAPITAL: "Im günstigsten Fall eine Woche Therapie trennen
einen durch Angst vor der Angst für das Leben untüchtigen Menschen von einem
ganz normalen Leben - vorausgesetzt, er bekommt die richtige Behandlung."
Doch die ist nicht einfach zu erlangen - auch nicht bei den vermeintlichen
Top-Kliniken, deren Namen die Autoren immer wieder voneinander abschreiben.
In Deutschland gibt es neben den Ärzten mit Psychotherapie-Titel allein
über 25.000 approbierte Psychologische Psychotherapeuten, von denen etwa
die Hälfte als sozialrechtlich zugelassene oder ermächtigte Mitglieder von
Kassenärztlichen Vereinigungen in eigener Praxis niedergelassen ist. Selbst
wenn von den Psychologischen Psychotherapeuten nur 1.000 - ganze vier Prozent
- wirklich gut genannt zu werden verdienen, ist es abwegig, Psychotherapie-Kliniken
wie die der Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie
in Marburg - CDS - als Vorbild hinzustellen: Teuer und erfolglos nennen
Patienten ihre dortige Therapie.
Aber so, wie bekanntlich jede Minute
ein neuer Tölpel geschaffen wird, wird es immer genug Leute geben, die alles
glauben, was in der Zeitung steht. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob
Leser durch die Lektüre dieses Wirtschaftsmagazins reich geworden sind.
Auf jeden Fall sollen sie nach der eigenwilligen Auffassung des für den
Bereich Modernes Leben bei CAPITAL verantwortlichen Redakteurs Heier in
der Christoph-Dornier-Klinik für Psychotherapie - CDK - in Münster
ganz schnell angstfrei werden. Und zwar so: "Gut ist, was Angst
macht. Besser, was mehr Angst macht. Den ersten Eindruck bekommt der Besucher
der Dornier-Klinik in einem etwa fünf Quadratmeter großen Raum: von außen
verschlossen, ohne Licht und ohne Fenster - allein. Hier verfallen viele,
die unter Angststörungen leiden, in Panik. Aber das ist nur das Vorspiel"
(CAPITAL, 1/2002).
Ein Vorspiel, wozu? In der Redaktion PSYCHOTHERAPIE
erinnern wir uns, seit Jahren immer wieder E-Mails und Briefe von Menschen
erhalten zu haben, die naiven und blauäugigen Presse- und TV-Berichten über
die Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie in Marburg und
deren Christoph-Dornier-Klinik für Psychotherapie in Münster gefolgt sind
- und teuer dafür bezahlt haben.
Um überhaupt eine Diagnose genannt
und ein therapeutisches Angebot unterbreitet zu erhalten, müssen Interessenten
in der Christoph-Dornier-Klinik für Psychotherapie in Münster eine
zweitätige stationäre Eingangsdiagnostik absolvieren, die 635,64 Euro kostet.
Die Beherbergung schlägt dabei zusätzlich mit dem Pflegesatz von 203,49
Euro pro Tag zu Buche. Vor Beginn der stationären Therapie wird zudem eine
Vorauszahlung von 2.556,46 Euro gefordert. Die Klinik, die jedoch lediglich "eine
nach § 30 der Gewerbeordnung konzessionierte Privatkrankenanstalt"
ist, besitzt keine Verträge mit den gesetzlichen Krankenkassen, Rentenversicherungsträgern
und berufsgenossenschaftlichen Unfallversicherungen. Bei vielen Patienten,
deren Versicherer die Kosten nicht erstatten, die sich mit den gesondert
berechneten therapeutischen Leistungen leicht auf einen fünfstelligen Betrag
summieren, klafft hinterher ein großes Loch in der Haushaltskasse.
Eine Suche im Posteingang der PSYCHOTHERAPIE-Redaktion fördert aus mehreren
Jahrgängen ausschließlich Mails zutage, in denen Leser berichten, diese
Art der Verhaltenstherapie als desaströs oder gar ruinös erfahren zu haben.
Natürlich kann diese Auswahl, aus der wir hier zitieren, nicht als repräsentativ
betrachtet werden. Es macht uns jedoch sehr nachdenklich, dass wir zu keiner
anderen Klinik eine vergleichbare Menge an Zuschriften enttäuschter Patienten
erhalten haben.
Teuer und erfolglos: Patienten über die Christoph-Dornier-Klinik für Psychotherapie in Münster
"Ich habe einen Waschzwang und unterziehe mich momentan, nach
einer gescheiterten Verhaltenstherapie im Christoph-Dornier-Zentrum in Münster
einer psychoanalytischen Therapie", schrieb Juliane König*
am 14.11.1997 und bat um Rat. Wir rieten von der für Zwangserkrankungen
bekanntlich ungeeigneten Psychoanalyse ab und empfahlen, bessere Psychotherapeuten
in Anspruch zu nehmen, die mit kognitiver Verhaltenstherapie arbeiten.
Carsten Beyer* fragte am 30.09.1999: "Ich bin 26 und
habe diese verfluchte Angst nun neun Jahre. Gibt es irgend eine Chance für
mich, da herauszukommen? Christoph-Dornier-Klinik habe ich mitgemacht, seitdem
bin ich pleite dazu. Für einen kleinen Tipp wäre ich Ihnen sehr dankbar!"
Am 27.11.2001 berichte Stefan Rummel*: "Seit ca. 12 Jahren
leide ich an einer sozialen Phobie. Verschiedene Therapieversuche blieben
bislang erfolglos. Vor einigen Jahren habe ich aus lauter Verzweiflung eine
Konfrontationstherapie im Christoph-Dornier-Zentrum in Münster gemacht,
leider ohne Erfolg. Seitdem 'bewältige' ich meine täglichen Probleme, wie
z.B. Einkaufen und Ämtergänge, mit Alkohol."
Verzweifelt
schrieb auch Klaus-Dieter Koch* am 22.01.2001 an PSYCHOTHERAPIE: "Ich
leide unter Agoraphobie und Panikattacken. Habe vor einigen Jahren eine
Therapie in der Christoph-Dornier-Stiftung abgebrochen. Weil bei der Konfrontation
mit der schlimmsten Angstsituation angefangen wurde. Auf kognitiver Ebene
wurde nicht therapiert. [...] Ich würde gerne endlich aus diesem
Teufelskreis der Angst rauskommen und eine Therapie machen, die mir hilft!"
Rita Stark*, die ihre Angststörung bereits vergeblich bei einem
Psychoanalytiker zu heilen versuchte, schilderte uns ihre bestürzenden Erfahrungen
am 17.06.2001: "Im Jahre 1996 hörte ich von der Christoph-Dornier-Klinik
in Münster und war gleich begeistert von der Möglichkeit, gemeinsam mit
einem Therapeuten an meinen Ängsten in der Praxis zu arbeiten. Der Therapeut
versprach mir nach dem Aufenthalt eine unbegrenzte Mobilität und garantierte
mir eine neue verbesserte Lebensqualität. Im Anschluss an die Eingangsdiagnostik
wurde mein Behandlungsplan mit den Übungen zusammengestellt, die ich alle
zunächst in Begleitung und anschließend alleine durchgestanden habe. In
der CDK erklärte man mir, [...] durch den Habituationseffekt würde
mein Körper lernen, dass es sich nicht um eine gefährliche Situation handelt.
Ich war während der Therapie und auch im Anschluss an den Aufenthalt sehr
motiviert, in Angstkonfrontations-Übungen zu gehen. Aber was habe ich tatsächlich
gelernt?
Ich habe die Angstsituationen immer nur ausgehalten, indem ich
mich gedanklich über die Zeit gerettet habe. Meine Gedanken gehen dann in
die Richtung, dass ich hoffentlich bald wieder zu Hause bin, oder andere
Dinge machen kann, dass ich nur die Angstzeit überbrücken muss. Nach den
Übungen konnte ich mich nie über meinen Erfolg freuen, sondern beschäftigte
mich bereits mit der nächsten Angstübung. Es gab einige Übungen bei denen
ich anschließend gesagt habe, das mache ich nie wieder. Die Angst ging nie
wirklich herunter, oft erreichte sie auch nur bis zu einem gewissen Grad
Minderung, es war immer ein Prozess des Aus- und Gegenhaltens. Ich habe
bei keiner Übung die Kontrolle verloren, was für mich sehr wichtig ist.
Nach dem stationären Aufenthalt in der CDK hat man mir gesagt, dass ich
bisher nicht den gewünschten Erfolg erzielt hätte, weil ich meine Gefühle
nicht loslassen könnte und meine Geschichte doch zu chronifiziert sei.
[...] Ich vermied kontinuierlich immer mehr Situationen und habe heute
den Vermeidungslevel wie vor dem CDK-Aufenthalt erreicht. Von der Person
her bin ich ein sehr leistungsorientierter Mensch, der im Grunde genommen
auf alle angstauslösenden Dinge viel Lust verspürt. Meine Angst vor der
Angst ist immer noch riesig, derzeit kann ich nur mit großen Ängsten das
Haus verlassen, ich bin arbeitsunfähig und stehe vor der Berufsunfähigkeit."
Gute Psychotherapie löst individuelle Denkfehler auf
Es ist bemerkenswert, wie leichthin offenbar - um nicht zu sagen: verantwortungslos
- dieser Patientin von den Psychotherapeuten der Christoph-Dornier-Klinik
in Münster "eine unbegrenzte Mobilität" versprochen und "eine
neue verbesserte Lebensqualität" garantiert wurde. Tatsächlich
findet sie sich laut eigener Aussage nach der Behandlung "vor der
Berufsunfähigkeit" wieder.
Erfahrene kognitive Psychotherapeuten
können aus dem Bericht der Rita Stark* eine Reihe von Therapiefehlern herauslesen,
zu denen in typischer Weise gehört, dass mit der Patientin offenkundig nicht
in dem erforderlichen Maße kognitiv gearbeitet wurde, sondern dass sie einfach
in ihre Angstsituationen gestellt wurde, um die Panik - als ob es bei ihr
um eine Hundedressur ginge - "ausklappern" zu lassen: "Durch
den Habituationseffekt würde mein Körper lernen, dass es sich nicht um eine
gefährliche Situation handelt", schildert die Patientin die für
sie wesentlichste Instruktion ihrer Psychotherapie. Ihre Denkfehler und
die psycho-physiologischen Zusammenhänge mit ihrer Angststörung scheinen
ihr hingegen nicht verständlich gemacht worden zu sein. Deshalb konnte sie
weder bei den Übungen mit noch ohne Psychotherapeuten einen Erfolg erreichen.
"Gute Psychotherapeuten holen Klienten mit ihren Problemen dort
ab, wo sie sich befinden. Und gute Psychotherapeuten", erläutert
die Fachärztin und Psychotherapeutin Carmen Heerdegen aus Stuttgart, "messen
sich daran, wie weit sie es vermocht haben, die Klienten aus ihren Problemen
herauszuführen und zu kompetenten Therapeuten für sich selbst zu machen,
damit diese den Weg des Erfolges auch allein weiter gehen können".
Hiervon ist bei den vorliegenden Berichten ehemaliger Patienten der Christoph-Dornier-Klinik
für Psychotherapie und der Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie
wenig zu erkennen. Vielmehr stehlen sich die am Anfang so vollmundigen Psychotherapeuten
der Christoph-Dornier-Klinik im Falle der Rita Stark* mit der unglaublichen
und unakzeptablen Begründung aus der Verantwortung, dass die "Geschichte
doch zu chronifiziert sei". Richtig ist wohl vielmehr, dass die
Psychotherapeuten der Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie
mit ihrer Habituation nicht in der Lage waren, die individuellen Denkfehler
ihrer sehr motivierten Patientin aufzulösen und sie zum Therapieerfolg zu
führen.
Inzwischen ist allgemein bekannt, dass Phobien sowie Angst-
und Panikstörungen sehr gut und erfolgreich behandelbar sind. So wolle der
Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) die diesbezügliche, ungerechtfertigte
Frühpensionierung von Beamten eindämmen, berichtete die Berliner Tageszeitung
B.Z. am 25.07.2001 auf Seite 4: Gerade bei "Phobien dränge
sich der Verdacht auf, so Körting 'dass private Vorgutachter den Fall in
eine bestimmte Richtung drängen, die man mit einer Nachbegutachtung durch
den Amtsarzt kaum noch korrigieren kann'".
Ein weiterer
Leserbrief erreichte PSYCHOTHERAPIE am 04.09.2001 von Helmut Mayer*
mit der Frage: "Was mache ich falsch? Habe letzten Herbst und in
diesem Frühjahr eine Verhaltenstherapie bei der Christoph-Dornier-Stiftung
in Marburg durchgeführt, die aber letztendlich auch nicht zum Erfolg geführt
hat. Leide seit 15 Jahren an Agoraphobie, die sich so ausdrückt, dass ich
mein gewohntes Umfeld nicht weiter als ca. 400-500 Meter verlassen kann,
ohne dass diese Angst wieder auftaucht. Ich bin mit den Therapeuten auch
durch meine Angst hindurch gegangen. Nun stehe ich wieder da, wo ich vorher
auch war, nur mit der Kenntnis, dass man solche Situationen schaffen kann.
Wenn ich jetzt aber telefonischen Kontakt aufnehmen will, sind beide Therapeuten
nicht mehr im Institut tätig. Ist schon komisch. Mir wäre auch ein wirklich
erfahrener Therapeut lieber gewesen, der sich vielleicht ein wenig mehr
Zeit für die spezielle Problematik eines Patienten genommen hätte. Nun muss
ich wohl oder übel alleine meine Therapie fortsetzen, und ob ich das schaffe,
weiß ich nicht. Wäre für gute Ratschläge sehr dankbar."
Ausführlich hat Helmut Mayer* in einem einzigartigen Dokument für PSYCHOTHERAPIE
die Entwicklung seiner Angststörung und die deprimierenden Erfahrungen geschildert,
die er mit der teuren, aber erfolglosen Therapie bei zwei vermutlich überdies
unerfahrenen Psychotherapeuten der Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische
Psychologie aus Marburg gemacht hat. Er hat PSYCHOTHERAPIE explizit erlaubt,
diesen sehr ehrlichen Bericht über seine "Verhaltenstherapie mit
der Christoph-Dornier-Stiftung [...] zu veröffentlichen. Es ist mein
Bestreben, auch anderen Patienten mit Angststörungen behilflich zu sein."
Obwohl Helmut Mayer* sogar mit der Nennung seines richtigen Namens einverstanden
gewesen wäre, haben wir zu seinem Persönlichkeitsschutz dennoch davon abgesehen.
"Patientenrecht auf Antwort" — Kognitive Verhaltenstherapie
Auf seine Frage, "Was mache ich falsch?", hat Helmut
Mayer* von den beiden Psychotherapeuten der Christoph-Dornier-Stiftung für
Klinische Psychologie offenbar keine befriedigende Antwort erhalten. Was
allerdings nicht überrascht, denn "auf kognitiver Ebene wurde nicht
therapiert", klagen auch andere ehemalige Patienten der Christoph-Dornier-Klinik
für Psychotherapie. Dabei ist es ein häufiger und fataler Fehler, bei Phobien
sowie Angst- und Panikstörungen ohne hinreichende kognitive Vorbereitung
primär auf die Reizkonfrontation zu setzen! Solche brutalen Holzhammer-Techniken
aus der Vergangenheit der Verhaltenstherapie sind im Zeitalter kognitiver
Psychotherapie zwar noch für Redakteure gut, die ein paar dramatische Fernsehbilder
oder eine aufregende Story suchen, aber sie sind sachlich nicht mehr angemessen.
Bei einer kunstgerechten kognitiven Psychotherapie vermögen auch Patienten
mit langjährigen Phobien oder Angst- und Panikstörungen ihre Problemsituationen
in der absolut überwiegenden Zahl der Fälle ohne therapeutische Begleitung
und ganz unaufregend allein bewältigen - dauerhaft erfolgreich.
Das
beliebte Beispiel, welches CAPITAL zitiert, auch Johann Wolfgang von
Goethe mit seiner Höhenangst "stieg auf den Turm des Straßburger
Münsters und blieb so lange oben, bis die Angst verschwunden war",
übersieht, dass bei dem großen Weimarer Denker zuvor ein unabdingbar notwendiger
individueller Erkenntnisprozess stattgefunden hat, der heute als kognitive
Vorbereitung bekannt ist und durch geeignete psychotherapeutische Unterstützung
sehr komfortabel intensiviert werden kann. Anwendung finden hierbei psychologische
Techniken, die zielgerichtet fehlerhaftes Denken (engl.: Cognition) bewusst
machen und korrigieren helfen, weshalb von kognitiver Psychotherapie gesprochen
wird. Die schlichte Dienstleistung, sich wie einen tollwütigen Hund lediglich
eine Weile allein in einen Raum "ohne Licht und ohne Fenster"
einsperren zu lassen, wird man bei fast jeder Toilettenfrau für einen Euro
sehr viel billiger bekommen.
Ein sehr begabter Hund kann bis zu 50
Wörter mit bestimmten Handlungen verbinden. Bei allem, was an Fähigkeiten
oder Verhalten darüber hinaus geht, zumal bei weniger begabten Hunden, bedarf
zum Erfolg der sprachfreien Konditionierung. Anders als bei manchen Redakteuren,
hat sich bei vielen Zeitgenossen mittlerweile herumgesprochen, dass der
höher entwickelte Mensch mit seinem Denkvermögen und seiner hoch differenzierenden
Sprache, die keinesfalls den gesamten Wortschatz eines Goethe-Wörterbuches
zu umfassen braucht, einer subtileren Steuerung als der brutalen Konditionierung
zugänglich ist, die Iwan Petrowitsch Pawlow erstmals an dem klassisch
gewordenen Reflex-Experiment der "Pawlowschen Hunde" vor über
100 Jahren demonstrierte.
Pawlowsche Hunde — Psychotherapie-Kompetenz des BDP ?
Als bemerkenswerter Warnhinweis könnte vor diesem Hintergrund der vom
Briefkopf bis zum Eingangsfragebogen in die Unterlagen der Christoph-Dornier-Klinik
für Psychotherapie Münster gedruckte Hinweis betrachtet werden, dass
der Betrieb "mit Beteiligung und Unterstützung des Berufsverbandes
Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP)" erfolgt. Wer dessen
vom Verband der Psychologischen Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten
im BDP - kurz: VPP im BDP - betriebenes Psychotherapeutenforum gelegentlich
besucht hat, dem dürfte das dort von BDP-Psychotherapeuten vorgeführte Selbstverständnis
jegliches Verlangen nach einer Psychotherapie bei "Experten" nehmen,
deren kulturelle Konditionierung scheinbar bei Pawlows Hunden stehen geblieben
ist und deren kommunikative Kompetenz darin gipfelt, sich innerhalb von
weniger als 20 Beiträgen 12 Mal wechselseitig als "Scheißkerle"
bzw. "Scheisskerle" zu titulieren (siehe Ausschnitt aus
dem Psychotherapeuten-Forum des VPP im BDP).
Das Werbefaltblatt der Christoph-Dornier-Klinik Münster für Patienten
mit Angststörungen ist - hierzu nicht unpassend - überschrieben mit dem
Ausruf: "Ich halte das nicht aus! Ich muss hier weg!" Ein
erschreckter Aufschrei, der ebenso von einem Besucher stammen könnte, der
dieses Forum von BDP-Psychologen gestreift hat, deren "Beteiligung
und Unterstützung" sich die Christoph-Dornier-Klinik für Psychotherapie
rühmt.
Trotz der Enttäuschung, die Helmut Mayer* mit der von der
Christoph-Dornier-Stiftung für Klinische Psychologie praktizierten simplen
Habituierung (Gewöhnung) und Konditionierung erfahren hat, kann auch er
bei einem guten Psychotherapeuten mit kognitiver Verhaltenstherapie seine
Angsterkrankung noch überwinden lernen. Dann werden seine Angst und die
erfolglose "Reizkonfrontation" der Psychotherapeuten aus der Christoph-Dornier-Stiftung
für ihn ein Spuk in der Vergangenheit sein.
Um den selbst Betroffenen,
den Angehörigen und besonders den vielen psychotherapeutischen Laien unter
unseren Lesern beim Verständnis dieses ausführlichen Erfahrungsberichtes
zu helfen, hat PSYCHOTHERAPIE die Fachärztin Carmen Heerdegen gebeten, die
Schilderung des ehemaligen CDS-Patienten zu kommentieren und therapeutische
Hintergründe zu erläutern.
Carmen Heerdegen ist Fachärztin für Neurologie
und niedergelassene Psychotherapeutin in Stuttgart. Aus ihrer ambulanten
Erfahrung weiß sie: "Kognitive Verhaltenstherapie kann Phobien sowie
Angst- und Panikstörungen in über 90 Prozent aller Fälle in weniger als
12 Stunden dauerhaft heilen." In einem Beitrag in PSYCHOTHERAPIE
vom 30.06.2001 erklärte sie, bei "richtiger Diagnostik gibt es überhaupt
keinen Grund, Menschen mit Phobien bzw. mit einer Angststörung in eine Klinik
einzuweisen oder mit Medikamenten zu behandeln." Tatsächlich werde
heute an der Angststörung als der zweithäufigsten psychischen Erkrankung
in allen Bereichen des Gesundheitswesens deshalb so prächtig verdient, weil
sie so konsequent falsch behandelt wird.
Sogar schwere Phobien, Angst- und Panikstörungen sind ohne Psychotherapie-Kliniken erfolgreich ambulant zu heilen
In dem CDK-Faltblatt zum "Behandlungsangebot der Christoph-Dornier-Klinik
für Menschen mit Angststörungen" werden nach "Erstgespräch
und Diagnostik", die bereits rund 1.000 Euro kosten, regelhaft "zwei
bis drei Wochen stationäre Intensivtherapie" als erforderlich suggeriert
- mit "am Anfang 6 bis 10 Stunden täglich, zunächst mit direkter
therapeutischer Betreuung". Wen die anschließende "sechswöchige
Selbstkontrollphase" immer noch nicht zum Erfolg geführt hat, dem
wird mit der "Möglichkeit einer zwischenzeitlichen Auffrischungsbehandlung
in der Christoph-Dornier-Klinik" ein Weg gewiesen, die Kosten weiter
in die Höhe treiben.
Dabei bedarf eine effiziente Psychotherapie
heute keiner teuren Klinik! Insbesondere bei den durch kognitive
Verhaltenstherapie ambulant mit überragendem Erfolg behandelbaren Angst-
und Panikstörungen, Sozialphobien und spezifischen Phobien sowie Zwangsstörungen
und Depressionen braucht Psychotherapie regelhaft weniger als 1.500 Euro
zu kosten. Und keineswegs - wie bei der Christoph-Dornier-Klinik - mit rund
10.000 bis 15.000 Euro das Zehnfache! Wenn man alles glaubt, was in der
Zeitung steht, kann die unsinnige Orientierung im Wirtschaftsmagazin CAPITAL,
bei Angst- und Panikstörungen in die Christoph-Dornier-Klinik für Psychotherapie
zu gehen, richtig viel Geld kosten - abgesehen von der Gesundheit.
Den Vogel schießt CAPITAL-Autor Heier mit der gefährlichen Empfehlung
ab, sich bei psychischen Problemen dem Hausarzt anzuvertrauen: "Konkret
führt der Weg zur Heilung auf jeden Fall zum Hausarzt." Spätestens
seit Hans-Ulrich Wittchen am 25.06.2001 die Ergebnisse der weltgrößten Studie
zur hausärztlichen Versorgung bei Angststörungen und Depressionen (GAD-P)
am Max-Planck-Institut für Psychiatrie in München vorstellte, ist die Untauglichkeit
des Hausarzt-Besuches bei psychischen Störungen bekannt. Der Weg zum Hausarzt
ist vielmehr als der folgenreichste und teuerste Fehler anzusehen, den man
bei Angst- und Panikstörungen begehen kann - um möglichst lange krank zu
bleiben und zu einem chronischen Behandlungsfall zu werden. 558 stichprobenartig
ausgewählte Ärzte sowie über 20.000 Patienten wurden im Rahmen der GAD-P-Studie
ausführlich befragt. Das erschreckende Ergebnis: Ärzte erkennen nur jede
dritte Angststörung und behandeln diese zudem überwiegend falsch (siehe
Lese-Tipp)!
Konkret führt der Weg zur Heilung auf jeden Fall bei
psychischen Problemen nicht über die Lektüre eines Wirtschaftsmagazins,
zum Hausarzt oder gar zu einer überflüssigen Psychotherapie-Klinik, sondern
zu einem qualifizierten niedergelassenen kognitiven Psychotherapeuten. Der
ergreifende Erfahrungsbericht, den wir nachfolgend wiedergeben, soll dafür
sensibilisieren, Presse- und TV-Berichte grundsätzlich kritischer zu hinterfragen.
Nachtrag 14.11.2002
Christoph-Dornier-Klinik: "Dies ist bedauerlicherweise wahr"
Nachdem PSYCHOTHERAPIE am 31.12.2001 über die bemerkenswerte Diskrepanz
berichtete, die zwischen der grandiosen Selbstdarstellung der Christoph-Dornier-Klinik
für Psychotherapie in Presse und Fernsehen und den tatsächlichen und erschütternden
Misserfolgen besteht, über die ehemalige Patienten der Christoph-Dornier-Stiftung
und deren Christoph-Dornier-Klinik in Münster immer wieder berichten, sah
sich die Christoph-Dornier-Klinik im November 2002 auf das "vielfache"
Drängen "von Patienten und Zuweisern" zu einer offiziellen
Stellungnahme veranlasst:
"Nicht allen Patienten der
CDK konnte in der Vergangenheit geholfen werden. Dies ist bedauerlicherweise
wahr", heißt es in der Erklärung der Christoph-Dornier-Klinik Münster.
Trotz eigenem Pressedienst benötigte die Christoph-Dornier-Klinik in
Münster über zehn Monate "Bedenkzeit" bis zu diesem öffentlichen
Eingeständnis, das nach deren eigener Aussage nur durch "vielfältige
Anregungen von Patienten und Zuweisern" herbei geführt wurde. Diese
feine Umschreibung dafür, dass erst der öffentliche Druck einen Blick hinter
die brüchige Marketing-Fassade der Christoph-Dornier-Klinik ermöglichte,
lässt den erstaunlichen Mangel an Selbstkritik und Selbstreflexion bei den
CDK-Psychotherapeutinnen und -Psychotherapeuten deutlich werden.
Für Klienten der Christoph-Dornier-Klinik Münster und der Christoph-Dornier-Stiftung
mit Niederlassungen in Berlin, Braunschweig, Köln, Marburg, Münster, Siegen
und Tübingen, ist diese teure Ernüchterung eine wahrhaft erschreckende Expositionstherapie.
Wer der aggressiven Medienarbeit der Christoph-Dornier-Stiftung erlegen
ist und dort erfahrene psychotherapeutische Profis erwartet, wird tatsächlich
regelmäßig mit jungen Psychologinnen und Psychologen konfrontiert, die wenig
kosten und sich selbst - zum Teil am Psychogischen Institut der örtlichen
Universität - noch in der Ausbildung befinden.
PSYCHOTHERAPIE wird
an dem Thema dranbleiben und über die Kluft zwischen Schein und Wirklichkeit
in der Psychotherapie weiter aufklären - für mehr Qualität in der psychotherapeutischen
Versorgung.
Lesen Sie den Bericht über die zweimalige erfolglose
Psychotherapie bei der Christoph-Dornier-Stiftung Marburg im
*Name aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes
geändert.
Angsttherapie mit Reizkonfrontation, Exposition und Flooding — Teil
1
Angsttherapie mit Reizkonfrontation, Exposition und Flooding — Teil
2
Angsttherapie mit Reizkonfrontation, Exposition und Flooding — Teil
3
Veröffentlicht am 31.12.2001.
Text aus:
PSYCHOTHERAPIE,
31.12.2001. Seelen, Gottlieb: Verhaltenstherapie: Schein und Wirklichkeit. "Christoph-Dornier-Klinik
habe ich mitgemacht, seitdem bin ich pleite". Psychotherapie-Kliniken
als teure Illusion: Verhaltenstherapie an der Christoph-Dornier-Klinik für
Psychotherapie Münster. Teil 1 [der dreiteiligen Artikelserie].
Vers. 2001.12.31: Psychotherapie-Kliniken als teure Illusion bei Angst- und Panik, Teil 1